Dr. med. vet. Richard Gerdemann
Dr. med. vet. Richard Gerdemann
Tierarzt

Kleine Strongyliden (Strongylinae und Cyathostominae)

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Aussehen
4 bis 26 mm lange, weiße Würmer

Sitz
Blind- und Dickdarm, Larven in der Schleimhaut

Krankheitsbild und Schadwirkung
Die kleinen Strongyliden umfassen ca. 50 verschiedene Arten und sind sowohl die am häufigsten vorkommenden als auch die bedeutendsten Parasiten des Pferdes überhaupt.Die Wurmlarven dringen nach Aufnahme mit dem Gras in die Dickdarmwand ein und reifen innerhalb von Knötchen in der Schleimhaut heran. Nach Abschluss dieser Entwicklung kehren die Larven in das Darminnere zurück, um sich zu erwachsenen Würmern zu entwickeln. Diese heften sich an der Schleimhaut fest und ernähren sich von den Zellen der Darmwand. Die Hauptschadwirkung wird durch die in der Darmschleimhaut befindlichen Larven verursacht. Im Winter wird dieser Entwicklungszyklus in der Schleimhaut unterbrochen: die aufgenommenen Larven verbleiben ohne weitere Entwicklung eingekapselt in der Schleimhaut. Auf einen besonderen äußeren Reiz hin können sich die zu mehreren Hunderttausenden in der Schleimhaut eingekapselten Larven gleichzeitig weiterentwickeln und aus der Schleimhaut austreten. Dieses als "Massenauswanderung" bekannte Phänomen führt zu extremer Schädigung der Darmschleimhaut. Betroffen sind v.a. junge Tiere, die struppiges Haarkleid, unstillbare Durchfälle, Abmagerung und Wasseransammlungen in Beinen und Unterbauch zeigen können. Todesfälle sind beschrieben worden. Diese "Massenauswanderungen" werden insbesondere bei Pferden im Alter von 2-5 Jahren am Ende des Winters mit Beginn der warmen Frühjahrstemperaturen beobachtet. Die erwachsenen Würmer einiger Arten der kleinen Strongyliden ernähren sich direkt durch Blutsaugen. Da die Würmer ihre Anheftungsstellen häufig wechseln, kann bei starkem Wurmbefall die Darmschleimhaut großflächig geschädigt werden. Je nach Befallsgrad sind Durchfall, Koliken, mangelnder Appetit, struppiges Haarkleid, Abmagerung und Leistungsminderung zu beobachten.

Erkennung
Der Nachweis der Wurmeier erfolgt durch die Kotuntersuchung. Die eingekapselten Larven in der Schleimhaut können mit der Kotuntersuchung nicht nachgewiesen werden.

Bekämpfung
Eine regelmäßige Entwurmung gemäß den Empfehlungen Ihres Tierarztes und allgemeine Hygienemaßnahmen, wie z. B. das tägliche Entfernen des Kotes aus den Boxen, regelmäßiges Wechseln der Einstreu, das Vermeiden von Bodenfütterung sowie regelmäßiges Wechseln der Koppeln, begrenzen die Ansteckungsmöglichkeiten. Häufig sind kleine Strongyliden resistent gegenüber Wirkstoffen aus der Gruppe der Benzimidazole ("Benzimidazol-Resistenz"). Deshalb müssen Wurmmittel sorgfältig ausgewählt werden.

Entwicklungszyklus

Nach der Paarung legen die weiblichen Würmer im Blind- und Dickdarm Eier ab, die mit dem Kot ins Freie gelangen.

In den Eiern entwickeln sich Larven, die nach zwei Häutungen ansteckungsfähig werden. Diese Infektionslarven können im Freien monatelang überleben und sogar überwintern.

Sie kriechen an betauten oder regennassen Grashalmen und auch an feuchten Stallwänden hoch und werden beim Grasen oder Belecken aufgenommen.

Die Larven gelangen in den Blind- oder Dickdarm und dringen dort in die Darmschleimhaut ein. Dort bilden sich Knötchen, in denen sich die Larven für 6 bis 12 Wochen weiterentwickeln. Nach Abschluss dieser Entwicklungsphase kehren die Würmer an die Schleimhautoberfäche des Darmes zurück und wachsen zu geschlechtsreifen Parasiten heran.

Im Winter kann es zu einer Hemmung der Entwicklung in den Schleimhautknötchen kommen.

Im darauf folgenden Frühjahr können sich viele in der Darmschleimhaut befindlichen Larven schlagartig weiterentwickeln und dann gleichzeitig auswandern.

 

Text und Fotos mit freundlicher Genehmigung von Merial GmbH,
D-85399 Hallbergmoos